Veränderung beginnt nicht mit Disziplin. Sondern mit Verständnis.

Das Thema Essen hat mich schon früh begleitet. Als Kind versuchte ich, Einsamkeit, familiäre Schicksalsschläge und das Gefühl von Ausgrenzung mit Essen zu kompensieren.  In meiner Familie wurde Essen schnell mehr als nur Genuss – es wurde zu einer Zuflucht. Ein Ort, an dem Schmerz und Leere für einen Moment leiser wurden.  Abwertende Kommentare, das Gefühl, nicht dazuzugehören und nicht richtig zu sein, prägten mein Selbstbild – lange bevor ich verstand, was dahintersteckt.

Essen blieb auch in meiner Jugend ein ständiger Begleiter.  Hinter coolen Outfits, viel Schminke und einer „ist mir doch egal“-Fassade versteckte ich, was in mir wirklich vorging.

Mit über 100 Kilo, ohne finanzielle Sicherheit und weit weg von Zuhause wurde ich ungeplant schwanger und stand zum ersten Mal bewusst an einem tiefen Punkt in meinem Leben.

In meinem Kopf wurde es dunkel. Fast schwarz.  Doch inmitten dieser Dunkelheit schenkte mir ein kleines Licht neue Hoffnung: mein Sohn.  

Zum ersten Mal spürte ich, dass es sich lohnt, für etwas und jemanden – zu leben.  Mit einem Höchstgewicht von fast 120 Kilo begann ich meine Reise. Nicht perfekt, nicht geplant, aber ehrlich.

Mit jedem verlorenen Kilo fiel ein Stück meiner alten Hülle – aus Scham, Kontrolle und Selbsthass.  Nicht nur mein Körper, auch meine Seele wurde leichter. Stück für Stück. Nicht linear, aber echt.  Ich begann, das Thema Essen neu zu betrachten nicht mehr als Gegner, sondern als Beziehung, die verstanden werden wollte.

Aus Hass wurde Neugier. Aus Kontrolle wurde Vertrauen.  Und irgendwann wurde aus meinem größten Schwachpunkt meine größte Stärke.  Mein Weg führte mich bis auf die Bodybuilding-Bühne – doch die eigentliche Veränderung geschah im Inneren: Ich erkannte, dass mein Körper nie mein Feind war, sondern mein ehrlichster Verbündeter.

Nach den Meisterschaften wusste ich: Jetzt ist es Zeit, meinem Körper etwas zurückzugeben.  Nach Jahren zwischen Übergewicht und Diäten wollte ich ihm endlich schenken, was er so lange entbehren musste – Ruhe, Achtsamkeit und Dankbarkeit.

Heute liebe ich Bewegung, aber nicht mehr, um jemand zu werden, sondern um im Frieden mit mir zu leben.  Mein Körper war in jeder Phase mein Zuhause – ob mit 120 Kilo oder auf der Bühne.  Heute esse ich nicht mehr aus Hass gegen mich, sondern aus Liebe zu mir.  Und genau deshalb behält mein Körper seine Kraft und ich das Wissen, dass wir zusammengehören.